Farben sind nicht genug


Tanzende Figuren, goldene Kamele, ein Flamingo mit Rüschen – die Bilderwelt der Künstlerin Lydia Hoffnungsthal gleicht einer exzentrischen Traumlandschaft. Die Lust am Experimentieren leuchtet aus jedem ihrer Werke hervor: In den kleinen Quadraten, auf denen bronzene Wesen über aufgespannte Seile balancieren. In der großformatigen Darstellung einer Göttin, die in einem flirrenden Meer aus blau-silbernen Segeltuch badet. Oder in den mykenischen Figuren auf einem Wandbild, die für den 3-D-Effekt hölzerne Fische in den Händen halten.

Die Verspieltheit, vor der ihre extravaganten Werke geradezu bersten, hat ihren Ursprung in einem studentischen Nebenjob. „Während meiner Zeit an der Kunsthochschule Köln habe ich die Farbentwürfe für Zeichentrickfilme gestaltet. Diese Arbeit hat mich nachhaltig geprägt. Mich faszinieren die Phasen der Bewegung wie in den Animationsfilmen und das spiegelt sich in meinen Bildern wider.“ Die Liebe zu Bastelarbeiten, die sie schon als Kind im Grafikstudio ihres Vaters mit den anfallenden Papierresten auslebte, hat sich in ihre künstlerische Gestaltungsambition herübergerettet. „Ich arbeite unheimlich gern mit vielfältigen Materialien. Vom Strandspaziergang bringe ich jedes Mal etwas Neues mit nach Hause.“ So finden Treibholz, Seegrasbällchen, Textilien und Muscheln ein zweites Leben als bildnerische Kreation. Lydias Kreativität ist nicht zu bändigen. Während des Lockdowns 2020 war es schwierig, an neue Materialien zu kommen, also verfiel sie darauf, Pferde und Kamele aus Hundefutterdosen zu formen und sie mit Goldfolie zu veredeln.

Ihren Hang zu orientalischen Motiven hat Lydia Hoffnungsthal von ihren Künstlerresidenzen im Nahen Osten mitgebracht. Seit 2006 folgt sie immer wieder Einladungen zu Art-in-Residency-Programmen nach Abu Dhabi, Dubai, Saudi Arabien, später auch nach Griechenland oder wie dieses Jahr voraussichtlich nach Tunesien, Marokko und in den Libanon. „Das sind jedes Mal unglaublich intensive Erfahrungen. Ich habe Freundschaften mit einheimischen Familien geschlossen und mit Frauen, von denen man nur die Augen sieht. Ich habe engen, fast familiären Kontakt zu internationalen Künstlern, die ich bei den einmonatigen Auslandsaufenthalten treffe und mit denen ich noch nach Jahren im regen Austausch stehe.“ Diese Begegnungen, aber auch das intensive Licht und der starke Kontrast aus Licht und Schatten in den Wüstengegenden, hallen lange in ihr nach, bis sie Eingang finden in die Arbeiten, die in ihrem Studio in Porto Cristo entstehen.

In der kleinen Hafenstadt im Osten von Mallorca lebt sie seit fünf Jahren, auf die Insel ist sie allerdings schon vor einem Vierteljahrhundert gezogen. „Die Balearen haben es mir angetan. Als Kind verbrachte ich jeden Sommer in dem Ferienhaus meiner Eltern auf Ibiza. Später mit meiner eigenen Familie habe ich mich für Mallorca als Wohnort entschieden.“ Porto Cristo hat für sie als Künstlerin einen besonderen Reiz. „Mein liebstes Sujet ist das Meer. Es ist jeden Tag anders und lässt mich nie los.“ Auf ihren langen Spaziergängen, stets begleitet von ihrem Hund Mambo, findet sie die Naturmaterialien und Inspirationen, die die Substanz ihrer Kunst bilden.

Kontakt

www.lydiahoffnungsthal.net

Studio/Galerie

C/ dels Navegants 14
07680 Porto Cristo

täglich 11-15 Uhr; sonst einfach anrufen unter Telefon +34 684 083 244

Preise: 3000 € pro Quadratmeter


Text: Christiane Sternberg.

Fotos: Marcos Gittis, Lydia Hoffnungsthal

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